Neuigkeiten im Nutre Hogar

Innerhalb der fast zwei Monate, die ich hier inzwischen arbeite, sind manche Kinder wieder zurück zu ihren Familien gekehrt und neue gekommen. Vor einigen Wochen wurde zuerst ein Mädchen, welches um die 6 Monate hier untergebracht war und ein paar Tage später an einem Tag gleich zwei  Jungen, die um die 4 Monate hier verbracht haben (sie haben besser gegessen als das Mädchen) von ihren Eltern abgeholt. Einer der beiden Jungen war erst 10 Monate alt. Kurz darauf sind sechs neue Kinder gekommen. Manchen von ihnen hat man die Unterernährung stark angesehen und auch die Konsequenzen der Unterernährung sind sofort aufgefallen: Einer von ihnen, der erst 10 Monate alt ist, setzt sich bereits auf und stellt sich teils kniend, teils stehend an das Gitterbett, als er zu uns kam, hatte er jedoch so wenig Kraft, dass er immer wieder umgekippt und der kleine Körper auf die Matratze aufgeschlagen, bzw. sein Kopf gegen die Metallstäbe gedonnert ist. Außerdem hat er anfangs selten gelacht und er konnte Essen und Trinken oft nicht im Magen behalten. Um seinen Magen zu schützen, haben wir ihm Wasser mit Elektrolyten eingeflößt. Inzwischen ist er schon stärker, isst gut, krabbelt im Spielzimmer und freut sich, wenn ich mich mit ihm beschäftige. Es ist schön diese positive Entwicklung zu sehen.

Tomas versucht sich an dem Stuhl auf dem ich sitze hochzuziehen Quelle: privat
Tomas versucht sich an dem Stuhl auf dem ich sitze hochzuziehen Quelle: privat

 

Anfangs hatte ich nicht das Gefühl im Nutre Hogar viel Arbeit abnehmen zu können, da für die Frauen, die hier arbeiten (zum Teil seit 20 Jahren) die Arbeit Routine ist und alles wie immer läuft, aber inzwischen hat sich meine Sichtweise geändert. An einem Nachmittag bin ich wieder zu dem Jüngsten ans Bett gekommen, habe ihn in den Arm genommen und mich einfach mit ihm beschäftigt, zum Beispiel mit ihm erzählt, ob in Spanisch oder Deutsch, einfach um ihm Aufmerksamkeit zu schenken. Nach einer Weile habe ich gemerkt, dass sich seine Stirn sehr heiß anfühlt und als ich daraufhin Fieber gemessen habe, wurden 39 Grad angezeigt, bei einem 10 Monate alten und dazu stark unterernährtem Baby. Da hatte ich das Gefühl, dass es gut ist, hier zu sein.

Einerseits möchte ich es manchmal nicht ansehen, wie „lustlos“ manche der Frauen mit den Kindern umgehen, wenn sie ihnen im Stehen Medizin und Saft in den Mund reinzwängen, während ich bei einem anderen Kind sitze und mit Geduld versuche Teelöffel für Teelöffel den Saft in den Mund des Kindes einzuflößen. Andererseits denke ich mir: ich bin die Freiwillige, die nur für einen bestimmten Zeitraum hier ist und die anderen Frauen haben teilweise bereits 5 Kinder zuhause großgezogen und sind nun hier, um Geld zu verdienen, damit sie ihre Familie ernähren können und halten den hier Laden am Laufen, seit vielen, vielen Jahren.

Im kleinen Spielzimmer sind wir meistens nur noch, wenn Andrea vorschlägt, dass die Kinder Musik hören, das heißt diese eine DVD mit den spanischen Kinderliedern („Las Canciones de la Granja“) einlegen und sie -wenn es sein muss- auch 5 Mal hintereinander abspielen (zur Folge hatte ich den ganzen Tag noch einen Ohrwurm von den im Kreis hüpfenden Häschen).

 

Bezüglich des Mittagessens muss ich mich inzwischen verbessern: meistens wird auch Kürbis, der sogar im Garten wächst, und Kräuter wie frischer Koriander verarbeitet. Nachmittags um 4 pm, davor können die Kinder anscheinend nochmal spielen gibt es bereits Abendessen und um 6 pm sowie um 9 pm Milch für die Kinder. Morgens um 5 oder 6 am gibt bereits die erste Milch.

Montags kommt immer eine Kinderärztin, die die Kinder untersucht und uns Bescheid gibt, wenn ein Kind zu einer weiteren Untersuchung etc. ins Krankenhaus soll. Da ich geäußert habe, dass ich die Kinder auch gerne bei den Arztbesuchen begleiten würde, da dies schließlich auch zur Arbeit des Nutre Hogar gehört, bin ich schon einige Male mit Flor, der einzigen Angestellten, die nicht von Nutre Hogar, sondern vom Ministerio de Salud, dem Gesundheitsministerium bezahlt wird und den Kindern ins Krankenhaus von Changuinola, bzw. zum Minsa Capsi (MINisterio de SAlud Centro de Atención  Primaria en Salud Innovador) in der Finca 30, ein vom Bundesministerium neu gebautes Gesundheitszentrum) gegangen.  Flor hat mir erklärt, dass  -ich hoffe ich habe alles richtig verstanden- bei einem Jungen ein Röntgenbild von der Lunge gemacht werden muss, da sein Hämoglobinwert zu niedrig ist (Zitat der Apotheken Rundschau: „Hämoglobin ist der für den Sauerstofftransport verantwortliche Eiweiß-Bestandteil roter Blutkörperchen. Niedrige Werte können in erster Linie Hinweise auf Eisenmangel geben.“).

Rene und ich vor dem neuen MINSA-CAPSI Gebäude Quelle: privat
Rene und ich vor dem neuen MINSA-CAPSI Gebäude Quelle: privat

 

Bei einem anderem Mädchen musste für ihr Gesundheitszertifikat das Blut getestet werden, so hatte ich sie weinend auf meinem Schoss und musste sie gut festhalten, während die Krankenschwestern mühsam versuchten ihrem Arm Blut, letzten Endes dem Zeigefinger Blut zu entnehmen.

Ich merke, dass ich zu einigen Kindern eine Beziehung aufbaue und ihnen die Aufmerksamkeit schenke, die sie brauchen. Mein kleiner Freund, der seit ein paar Wochen hier ist, ist schon 3 Jahre alt und mit ihm kann ich richtig interagieren. Wenn ich ihn nach seinen Ohren, Nase, Kopf etc. frage, antwortet er mir, indem er auf seine Ohren, Nase, Kopf etc. zeigt. Vor kurzem habe ich ihm, als er weinte und wir gerade zu unserem Mittagessen gerufen wurden erklärt, dass ich jetzt esse, aber ihn danach hole, um mit ihm raus (in den großen Spielraum) zu gehen. Er hat mir aufmerksam zugehört, genickt und aufgehört zu weinen. Ich bin mir sicher, dass er mich (wohlgemerkt in „meinem“ Spanisch) versteht. Was mich traurig macht ist, dass alle seine Zähne stark von Karies befallen sind. Auch die anderen Frauen meinte „no sirven“ (sie taugen nicht). Vor ein paar Tagen habe ich ihn und 3 andere Kinder zu ihrem ersten Zahnarztbesuch begleitet. Ich selbst lag auch auf der Patientenliege, jedoch musste nicht ich, sondern die Kleinen auf meinem Bauch liegend den Mund aufmachen. Dem 3-jährigen sollten die von Karies befallenen Zähne gereinigt werden. Draußen wartend habe ich ihn mit allen Kräften kreischen gehört und man muss dazu sagen, dass er keine Heulsuse ist. Letzten Endes hat man ihn an allen Vieren festhalten müssen und nur ein Zahn wurde gereinigt. Nächste Woche, wenn die nächsten Kinder dran sind muss er auch noch einmal mit. Ich hoffe, dass die kommenden Zähne nicht so enden wie seine Milchzähne. Da ich mir vor ein paar Tagen neue Zahnbürsten kaufen musste, habe ich gesehen, dass die meisten Zahnbürsten einzeln verpackt, um die 5 $ kosten! Da kann ich mir vorstellen, dass manche darauf schlicht und einfach verzichten müssen und somit an der Hygiene ihrer Kinder sparen. Merkwürdigerweise habe ich aber trotzdem ein 2-er Pack für ein $ irgendwas bekommen… Allerdings glaube ich, dass es oft auch an Wissen über Zahnpflege, gesunde Ernährung etc. fehlt. 

Zurück zu meiner Beziehung zu den Kindern. Ich habe mich richtig gefreut zu sehen, als der schon „große“ 3-jährige mit einem Jüngeren spielte, weil ich mich davor mit beiden zusammen beschäftigt habe. Außerdem hat der „Kleine“ diese Woche endlich seine ersten Schritte gemacht und wir haben weiterhin viel Spaß, wenn ich ihn zum Laufen animiere.

An manchen Tagen habe ich Energie und rede viel mit den Kindern, mache mit ihnen die Übungen, die die -ich glaube sie sind- Physiotherapeutinnen, die immer mittwochs im Nutre Hogar vorbeischauen mit den Kindern machen, und versuche sie in irgendeiner Weise zu fördern. An manchen Tagen bin ich selbst einfach erschöpft, dass ich zum Teil einschlafe, wenn ich auf einem Stuhl, ob im Spielraum oder im Schlafsaal sitze.

 

Ich bin sehr dankbar um die Abwechslung durch die Mitarbeit bei Reforestando Centroamérica. Vergangenen Sonntag war ich wieder mit Jossio, dem Leiter der Organisation unterwegs. Mit Leidy und Gaby haben wir bei dem Gran Bingo (Bingo-Event) in Changuinola ausgeholfen. Dies war natürlich kein „Umweltprojekt“ im Namen von Reforestando Centroamérica, aber ich habe mich gefreut dabei gewesen zu sein. Wir selbst haben auch beim Bingo mitgemacht und haben zwischen drin neue „cartones de Bingo“ an die Teilnehmerinnen verkauft. Bei der letzten Bedingung „cartón lleno“ (komplett ausgefülltes Feld) haben wir nochmal alles gegeben und waren voller Hoffnung die Prämie von 150 $ zu gewinnen. Letzten Endes war eine Frau, an die sich Jossio erinnerte den „cartón de Bingo“ verkauft zu haben, die glückliche Gewinnerin. Abends haben Jossio, Gaby und ich uns trotzdem in Latino's Pizza gefeiert. 

Am Freitag ist ein feria de productos organica  (sozusagen eine Kirmes auf der selbst hergestellte Produkte verkauft werden) in einer communidad indígena bei der ich beim Stand der Organisation mithelfen werde und die nächste Fahrt zu der Insel Escudo de Veraguas Degös ist auch schon in Planung, da die angekündigte Studentengruppe, die den Rest des Strandes reinigen wollte anscheinend doch nicht kam.

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Kommentare: 1
  • #1

    A.+V. (Sonntag, 15 Oktober 2017 21:21)

    Mit großem Interesse haben wir den neuen Bericht über deine Arbeit im Nutre Hogar
    gelesen. Bestimmt ist dein Einsatz -wenn auch nicht sofort sichtbar- sehr wertvoll für
    die Kinder.
    Wir wünschen dir; Weiter so, Paula!