Boquete, Chiriquí - Zu schön um wahr zu sein?

Der folgende Blogartikel ist dieses Mal von meiner Freundin Maren geschrieben. Letzte Woche waren wir zusammen 5 Tage in Boquete und da sie doch schneller war mit dem Schreiben als ich und ich begeistert bin, wie sie berichtet, was wir alles erlebt und gelernt haben, möchte ich ihren Artikel nach Rücksprache mit ihr auch auf meinem Blog veröffentlichen:

Maren und ich im Hochland von Boquete Quelle: privat
Maren und ich im Hochland von Boquete Quelle: privat

Letzte Woche habe ich mich für einige Tage mit meiner Schulfreundin und Mitfreiwilligen Paula im Hochland von Panamá, in Boquete, Provinz Chiriquí, getroffen. Wir haben wirklich vielseitige Eindrücke gesammelt, waren aber erstmal absolut beeindruckt von der großteils

noch wilden natürlichen Schönheit der Natur: Nebelige Berge, grün, grün, grün, Wasserfälle, exotische Blumen, raue Flüsse...

Das Klima in Boquete ist mit ca. 20 Grad Celsius um einiges kühler als ich gerade gewohnt bin, so konnte ich es wirklich mal genießen meine langen Sachen anzuziehen. Der Ort erstreckt sich sehr weit bis in die Berge hinaus, die Häuser sind meistens über kleine Sträßchen verbunden. In diesem Teil von Panama lebt der Eingeborenenstamm der Ngöbe-Buglé, dessen Einfluss man auch spürt. An unserem ersten Tag haben wir uns mit zwei Fahrrädern auf in das Zentrum von Boquete gemacht, denn die Besitzerin unseres Hostals hatte uns empfohlen eine Honigverkostung bei Boquetebees (http://boquetebees.com/?lang=de) zu machen. So haben wir dann wirklich knapp 25 verschiedene Honigsorten von wilden panamaischen Bienen getestet, und dank Camilo viel über Honig gelernt. Es war wirklich schwierig sich zum Schluss zu entscheiden, da gerade ausgefallene Sorten wie Würz-Kakao-Honig, oder Zimt-Honig, die Auswahl erschwert haben.

Auf dem Rückweg haben wir dann spontan an einer Kaffee-Tour von Café Ruiz (http://www.caferuiz-boquete.com/index.html, was mein persönliches Highlight war. Café Ruiz wurde von Señor Ruiz, heute 96 Jahre alt, gegründet. Heute leiten zwei seiner Söhne das Geschäft in Boquete, eine Tochter verkauft den Kaffee in den USA, und ein Sohn vertreibt den Kaffee in Stuttgart ("Kännchen Kaffee von Hochland"). Das Unternehmen besitzt 12 Fincas, wobei jede Finca eine eigene Kaffeesorte stellt. Überraschenderweise wird hier auch der teuerste Kaffee der Welt produziert: Geisha Kaffee, der ursprünglich aus Äthiopien kommt. In Panama ist es jedem Kleinerzeuger möglich seinen Kaffee frei zu verkaufen, was zu vielen kleineren Betrieben führt. Anders ist das z.B. in Kolumbien, wo alles an den Großkonzern "Juan Valdez" verkauft werden muss. Unser Guide Carlos arbeitet seit er 10 Jahre alt ist für Café Ruiz und schien wirklich alles erdenkliche über die Kaffeeproduktion und die Welt des Kaffees zu wissen.

Begrüßt hat er uns mit der Frage: "Und seid ihr glücklich oder verheiratet?". Er hat uns neben der Kaffeeproduktion auch viel über die Macht von Marketing erklärt (unberechtigt hoher Preis = limited edition; italienischer Name = verkauft alles besser), den erschreckenden Unterschied zwischen Pulverkaffee und Kaffeebohnen gezeigt (Nescafe: "No es café", Es ist kein Kaffee), und einige interessante Fakten über den weltweiten Kaffeeverbrauch genannt (am meisten Kaffee wird tatsächlich mit ca. 6 Tassen am Tag in Finnland konsumiert, Carlos Erklärung lies nicht lange auf sich warten: "Da ist es ja nur dunkel, man wird depressiv!"). Zum Schluss durften wir auch noch mal drei verschiedene Kaffeeröstungen probieren. Während der Erntezeit sieht man auch viele indigene Erntehelfer auf den Feldern, die während der Erntezeit mit ihrer Familie aus dem Hochland nach Boquete kommen. Carlos hat uns von seiner glücklichen Kindheit auf einer Farm erzählt, auf der die Familie zwar quasi Nichts hatte, aber doch immer genug Avocados, Mangos, Zitronen, Bananen& Co. zum Essen, und vor allem eine Mutter, die sich um sie gekümmert hat und auch für sie gekocht hat. Heute sagt er wäre das Leben hier anders, beide Eltern müssen arbeiten, Kinder kommen 2h vor Schlafenszeit aus dem Hort zurück, alles stressiger und weniger familiär. Außerdem hat er von dem traurigen Wandel erzählt, der gerade in Boquete stattfindet: Der Kaffee, das Wahrzeichen der Region, verschwindet Stück für Stück. Allein in den letzten 10 Jahren sind die Kaffeeanbaugebiete um ca. 20% zurückgegangen.

Grund dafür ist laut Carlos gutes Marketing einer international bekannten Zeitschrift, die Boquete in einem Ranking auf Platz 1 der Orte setzte, die am besten für Ruhestand geeignet wären. Kurz darauf strömten v.a. wohlhabende Amerikaner, Kanadier und Europäer in das kleine Dorf und kauften massenhaft Land, besonders Plantagen, auf. Die "gated communities", also von Stacheldraht umzäunte Luxushäuser in zwei verschiedenen Beigetönen mit bewaffnetem Wachmann am Eingang, einigen Regeln (Rasenlänge, Haustieranzahl, keine Wäsche draußen,..), eigenen Hotels und Geschäften, und natürlich Golfplätzen, sind dabei besonders begehrt. Für mich persönlich klingt das nach Gefängnis für Reiche, und hat einen stark kolonialen Beigeschmack. Was mich besonders beschäftigt hat, war der Kontrast zwischen gated community und den Häuschen der indigenen Bevölkerung, die meistens sogar aneinander angrenzen.

Weitere Auswirkungen dieses Wandels sind stark steigende Lebenskosten. Unser Guide z.B. muss zur Miete leben, seine Schwester konnte mit ihrem Gehalt kein Haus kaufen und musste aus ihrer Heimatstadt in eine andere Stadt ziehen. Der lokalen Bevölkerung ist es meistens auch nicht möglich in einem der Restaurants essen zu gehen, da die Preise für "Snowbirds" (Amerikaner/Kanadier, die im kalten Winter in den Süden fliegen) gemacht sind. Die traditionellen Feste werden auch durch z.B. Thanksgiving erweitert.

Auch Señor Ruiz wurde angeboten Teilhaber eines Golfplatzes zu werden, hat uns Carlos erzählt, aber er hat abgelehnt sein Paradies zu verkaufen. Als wir so in mitten der Kaffeeplantage gestanden haben, und Carlos stolzen Worten über die Plantage zugehört haben, konnte ich auch absolut nachvollziehen warum. Auch Carlos konnte man ansehen, wie sehr er sich mit dem Land verbunden fühlt, und Angst hat es zu verlieren.

An der Kaffeeplantage nebenan ist bereits ein Stacheldrahtzaun gebaut, die Kaffeebohnen fallen auf den Boden, weil sie niemand erntet. Scheint, als hätten die Snowbirds einen neuen Verkäufer gefunden...

Die restlichen Tage haben Paula und ich mit wandern, gutem Essen (in dieser Provinz wird fast alles an Obst und Gemüse angebaut) und einigen interessanten Gesprächen verbracht. Es war wirklich eine sehr erholsame schöne Zeit, und da ich Paula das letzte Mal in Deutschland gesehen hatte, war es auch ein Stückchen Heimat sie wiederzusehen!

 

Zurück in Chitré wurde ich sehr herzlich von meiner Gastfamilie empfangen, die mich auch während meiner Reise über Whatsapp auf dem laufenden gehalten hatte. Am Abend haben wir dann gemeinsam den Weihnachtsbaum in glitzerndem blau geschmückt. Insgesamt sieht man wirklich viele geschmückte Häuser in der Stadt, besonders abends ist in den Straßen alles hell ( und bunte) erleuchtet und im Park und der Mall stehen auch große Weihnachtsbäume. Für mich fühlt es sich trotzdem eher an, als würde man hier ein anderes Fest feiern, da Hitze und Weihnachten einfach zu verrückt ist.

Un abrazo, Maren 

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Kommentare: 1
  • #1

    Birgit Anstädt (Freitag, 15 Dezember 2017 20:21)

    Hallo Paula, ich bin regelrecht begeistert, dass du Maren getroffen hast und mit ihr ein paar Tage verbringen konntest. Es sind mal wieder wunderschöne Fotos und beeindruckende Berichte, an denen du uns teilhaben lässt. Ganz liebe weihnachtliche Grüße aus der Heimat.