Ich zu Fuß durch Changuinola

 

Vorhin habe ich mich mit meinem Rucksack auf den Weg zum Fitnessstudio begeben. Ich trage eine ¾-Sportleggings, ein lockeres Top, Sportschuhe und habe einen Zopf.

 

Mir ist schon vorher bewusst, dass ich – ganz egal, ob ich Sportklamotten trage oder aufgebrezelt bin – Aufmerksamkeit auf mich ziehen werde. Weil ich groß, blond und eben weiß bin.

 

Ich laufe durch die lange Straße, in der sich Haus an Haus reiht und man gut beobachtet werden kann. Oft ist es so: Ich sage "Buenas (tarde)" (Hallo, Guten Tag) und man antwortet mir auf Englisch "Hello". Ich, eine "gringa" (Ausdruck für weiße Ausländerinnen in Lateinamerika, eigentlich nur für nordamerikanische), weil ich weiß bin, ganz egal, ob ich vielleicht gar nicht aus den USA komme und gar kein Englisch spreche. Seit dem ich Yolanda auf der Arbeit gesagt habe, dass sie auf Deutsch ganz einfach "Hallo" zu mir sagen kann, anstatt "Hello", spricht sie mich immer wieder auf Deutsch an. Aber auf der Straße weiß das natürlich keiner. Eine schöne Überraschung: ich treffe Elizabeth, meine Arbeitskollegin, die nach der Arbeit zu ihrer Mutter gegangen ist und jetzt auf dem Weg zum Terminal ist, um nachhause zu fahren. Sie fragt mich, was ich morgen mache und ich erzähle, dass ich wieder auf die Insel (Isla Colón, Bocas del Toro) fahre, da ich Spanischkurs habe. Daraufhin möchte sie wissen, wie viel das Wassertaxi und die Fähre kosten; sie möchte da auch gerne hin – ist dort nie. 8$ hin und zurück mit dem Wassertaxi und 2$ pro Fahrt die Fähre (die allerdings 4mal so lange wie das Wassertaxi dauert) antworte ich. Ob ich auch die Nacht dort verbringe – ich erzähle ihr, dass ich vielleicht kostenlos bei einer Freundin schlafen kann und wenn nicht kann man in einem Hostel auch für (nur) 7$ in einer Hängematte schlafen. "Nur" für mich, Elizabeth kann nicht fassen, dass es so viel kostet. Ich möchte mich irgendwie rechtfertigen, sage "mit Frühstück!". Sie wohnt in Almirante, die Kleinstadt von wo die Fähre und die Wassertaxis jeden Tag abfahren. Wassertaxi hin und zurück und eine Übernachtung in der Hängematte mit Frühstück würde die Mutter von 5 Kindern einen kompletten Tageslohn im Nutre Hogar kosten...

 

Kurz darauf verabschieden wir uns mit einem Küsschen auf die Wange und ich gehe die letzten Schritte an der vielbefahrenen Hauptstraße zum Fitnessstudio entlang. Es geht weiter mit "Hello, beautiful" (Hallo, Hübsche) und "How are you, baby?" (Wie gehts dir, Süße?). Der Höhepunkt der Kommentare/Anmachen ist, als bei einem vorbeifahrenden Lastwagen die Beifahrertür aufgeht und der Mitfahrer mich zu sich rein winkt. Letztendlich komme ich genervt bei meinem Ziel an mit der bösen Überraschung, dass ich vor verschlossener Tür stehe.

 

Gisela, die Inhaberin, "musste dringend weg". So mache ich mich wieder auf den Rückweg und ernte wieder "Schmeicheleien", allerdings haben mich ein paar Mädchen wieder aufgeheitert, als ich sie über mich reden höre: "Die Weiße ist hüübsch!". Da habe ich mich schmunzelnd bedankt und sie haben mir noch Mal hinterher gerufen "Du bist hübsch". Im Gegensatz zu den Komplimenten von Männern, hat der Kommentar der Mädchen, der anfangs gar nicht an mich direkt gerichtet war,  kein Unwohlsein bei mir ausgelöst.

 

Zuhause habe ich meiner Gastmutter von den Kommentare der panameños berichetet und sie musste lachen. Das Hinterherpfeifen, -zischen und -rufen, sogenannte "piropos", seien hier normal. Man könnte behaupten, es sei Teil der Kultur und ich sollte mich über die Komplimente freuen. Damit tu ich mir allerdings noch schwer, da ich in dieser Kultur nicht aufgewachsen bin und es bei mir eher ein Unwohlsein hervorruft. Meistens ignoriere ich Kommentare, aber ich habe schon mit Natividad ausgemacht, dass ich vielleicht Mal "Qué xopa?" (Was geht? - in panamaischer Umgangssprache) antworte.

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Kommentare: 1
  • #1

    H EL (Sonntag, 28 Januar 2018 16:32)

    Liebe Paula,
    ich lese Deine Artikel sehr gerne, vor allem wenn Du eine Situation und Deine Gedanken dazu vorher und nachher beschreibst, so wie oben. Toll, dass Du mit anderen darüber redest, was Dir widerfährt, und so noch andere Perspektiven kennenlernst und uns davon berichtest.
    Pass auf Dich auf und bleib cool.