Örebä - der Geschmack von echtem Kakao

Seit fast 8 Monaten lebe ich in der nördlichen Provinz Bocas del Toro, die Provinz in der am vor allem Bananen, aber auch Kakao produziert werden. 97% des Kakao, der in der Provinz produziert wird, wird von der indigenen Gruppe Ngobe angebaut, die oft in sogenannten communidades mitten in der Natur leben. Die Assoziation Örebä (ausgesprochen Orba und bedeutet Kakao im Dialekt Ngobe), welche 42 Mitglieder hat, öffnete sich vor 7 Jahren mit der „tour de chocolate” dem Tourismus. Neben dem Verkauf der ungerösteten Bohnen ins Ausland über die Kooperative von Kakaobauern COCABO.R.L., bei dem der Verkaufswert von einem Pfund bei lächerlichen 85 Cent liegt (im Gegensatz zu anderen Ländern in Lateinamerika wo er bei 3-5$ liegt) kann Örebä durch direkten Kontakt zu Touristen ihren wertvollen, mit Liebe gepflegten Kakao auch für 9$ das Pfund verkaufen. Bei der Tour, die ich mit Isabell, meiner Mitfreiwilligen aus der Nachbarprovinz, gemacht habe, wurde uns der aufwendige Prozess des Kakaos, der in deutsche und Schweizer Fairtrade-Schokolade verarbeitet wird, vor Ort nahe gebracht. Außerdem haben wir einen Einblick in das Leben in der communidad mit den vielen Pflanzen und natürlichen Heil- und Hausmitteln, die es dort in der Natur zu finden gibt (Blätter für Tee gegen Amöbenruhr und Farbstoff für Stofftaschen) erhalten.

Seit einer Woche arbeitet diese 20-jährige Ngobe als Guide für Örebä, die uns bestens alles über den Kakao erklärt hat. Quelle: privat
Seit einer Woche arbeitet diese 20-jährige Ngobe als Guide für Örebä, die uns bestens alles über den Kakao erklärt hat. Quelle: privat

Im Jahre 1975 brach in Panamá ein für die Kakaobauern unbekannter Pilz aus, der sich auf der Frucht niederlässt. Das hat die Kakaoproduktion unglaublich erschwert und aufwendiger gemacht. Die Kakaobäume, die bis zu 100 Jahre alt werden und 10-15 Meter hoch wachsen können, werden deshalb „offen“ (d.h. gestutzt) und dadurch niedrig gehalten, damit viel Sonne durch kommt, was dem Pilz nicht gefällt. Im Gegensatz zu den unzähligen Bananenplantagen von Chiquita handelt es sich hier nicht um Monokultur, sondern um Mischkultur, die man sich wie einen wilden Garten frei von Chemikalien vorstellen kann, wo sich die Pflanzen gegenseitig helfen. Neben den 60 verschiedenen Kakaosorten, unter anderem auch den Edelkakaosorten Trinitario und Criollo, die vor allem bei Lindt weiter verarbeitet werden, wachsen hier auch Avocados, Zitrusfrüchte, Mango etc., die im Idealfall auch die Insekten von den Kakaobäumen weglocken.

Schon vor einigen Monaten habe ich den Zeit-Artikel „Schokolade über alles“ (2013) entdeckt, für den die Autorin Karin Ceballos Betancur auch eine Kakaotour bei Örebä, sogar mit demselben Tour-Guide wie wir, nämlich Jake gemacht hat. Einen Part, der den Geschmack des Kakaos perfekt wiedergibt, möchte ich an dieser Stelle gerne zitieren:

„Auf einer Terrasse nahe dem Gipfel hat eine […] Frau eine Art Ngobe-Kochstudio für uns aufgebaut. Ungeröstete Bohnen, geröstete Bohnen und geschälte Bohnen liegen in Kürbisschalen aus, während in einem Kessel Bohnen auf dem Weg der Röstung wie Popcorn auf dem Feuer knistern. Jake schlägt mit einer Machete die pickelige, gelbe Schale einer gerade gepflückten Kakaofrucht entzwei. Eine weißliche Rispe quillt heraus. Wir graben unsere Finger in die glitschige Masse, lösen die fruchtfleischverkapselten Bohnen heraus, stecken sie wie Bonbons in den Mund und lutschen die Pulpa herunter. Sie schmeckt fantastisch, wenn auch alles andere als schokoladig. Kakao, frisch vom Baum, ist eine Fruchtbombe, die zwischen Zitrone, Banane, Mandarine und Kiwi flippert. Ich lutsche Bohne um Bohne, bis mir völlig egal ist, ob man von übermäßigem Verzehr Durchfall kriegt. Dann sind die Bohnen auf dem Feuer fertig. Die […] Frau legt eine Handvoll auf einen Stein mit Mulde, von dem Jake sagt, die Ngobe mahlten darauf bereits seit 500 Jahren Kakao. Mit einem zweiten, runden, glatten Stein werden die Bohnen zu einer schmatzenden Paste zerquetscht und anschließend mit [Honig] verrührt. Ich nehme einen Löffel, lasse die körnige, warme Masse auf der Zunge schmelzen und schäme mich für all die aluminiumverpackten Schweinereien, die ich bisher in meinem Leben als Schokolade bezeichnet habe.“

Bei Örebä finde ich es lobenswert, dass der Gewinn durch den Kakao an die ganze Gemeinschaft ihrer communidad Río oeste arriba, in der es 80 Kakaoproduzenten gibt, geht. Jake erzählt mir, dass sie weiterhin den direkten Weg zum Konsumenten suchen, mit dem Beispiel, wenn ich ihnen von Deutschland aus einen Auftrag geben würde (geröstete Kakaobohnen, Kakaonips, Trinkschokolade), könnten sie mir ein Paket schicken und der Gewinn ginge auf direktem Wege in die communidad der 80 Kakaoproduzenten. Die Vorstellung richtig fair gehandelten Kakao aus Panama, der Provinz, in der ich ein Jahr gelebt habe, zu erhalten, finde ich ziemlich toll.

Erinnerungsbild: Isabell und ich mit den gleichaltrigen Tour-guides von Örebä. Quelle: privat
Erinnerungsbild: Isabell und ich mit den gleichaltrigen Tour-guides von Örebä. Quelle: privat

Kommentar schreiben

Kommentare: 0